Streitkultur räumt in Wien ab
Peter Croonenbroeck, Sarah John und Philipp Stiel haben die Zeit-Debatte in Wien gewonnen. Die erste Zeit-Debatte, die seit Beginn der Debattenserie außerhalb Deutschlands stattfand, bot ein tolles Programm (Sightseeing, Donaufahrt, Schnitzelessen, ständiger Transportservice…), viele sprachlich-kulturelle Entdeckungen (hier zieht man nicht, hier siedelt man um…) und eine starke Beteiligung (27 Teams aus 27 Clubs). Die Tübinger Delegation wurde von Thomas Schröter als Juror und Pauline Leopold, Christoph Krakowiak und Volker Tjaden als Sonderjuroren begleitet.
Als Vorrundenthemen tischte das Chefjurorenteam (Gudrun Lux, Tim Richter und Florian Prischl) gut debattierbare und hochaktuelle Themen auf, beginnend bei der Repräsentanz von Frauen und Männern in den Nationalhymnen über eine Arbeitspflicht von Sozialhilfeempfängern bis zum Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone. Dass die Themen natürlich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich debattierbar sein mussten und sich die Anträge der Regierungen entsprechend universalen Anspruch erhoben, verstand sich für so internationale Zeit-Debatte als selbstverständlich.
Als bestes Team der Vorrunde breakte das Tübinger Team vor den Teams aus Berlin, Jena, Göttingen, Stuttgart, Heidelberg, Leipzig und Frankfurt. Im Viertelfinale (“Sollen Auslandsadoptionen verboten werden?”) mussten die Tübinger zunächst gegen unsere Freunde aus Frankfurt antreten. Im Halbfinale (“Soll der Bau von Minaretten verboten werden?”) folgte dann ein Sieg mit einem knappen Fünf-Punkte-Vorsprung gegen die Rederei aus Heidelberg, der nach einer einstündigen Straßenbahnfahrt durch die Wiener Innenstadt bekannt gegeben wurde. Einen Teil des Tübinger Erfolges verdanken wir übrigens auch dem Straßenbahnfahrer, der einem durch die Fahrt arg gebeutelten Mitfahrer kurzerhand durch eine Spontanpause etwas Frischluft verschaffte…
Das Finale im Festsaal der Uni Wien schließlich ließ die Tübinger gegen das Team aus Leipzig antreten, bestehend aus Tom-Michael Hesse, Wiebke Nadler und Can Ertugrul, einem vor Beginn des Turniers kurzfristig ausgeliehenen Mitglied des Österreichischen Debattierclubs AFA Wien, der sich für die Leipziger als Glückgriff erwiesen hatte. Neben Can hatte es mit Kay-Michael Dankerl als freier Redner noch ein weiterer Österreicher ins Finale geschafft.
Die Finaldebatte zu dem in Österreich hochaktuellen Thema „Sollen alle Einschränkungen der Redefreiheit aufgehoben werden?“ stieß auf ein stark geteiltes Echo: Während die einen (einschließlich der Jury) die Teams und ihre Fähigkeit, auf abstrakte Weise über das sensible Thema zu reden und gleichzeitig doch klar zu machen, worum es geht, in höchsten Tönen lobten, fanden es andere wiederum bemerkenswert, wie man so lange um den heißen Brei herumreden könne.
Das Tübinger Team jedoch freute sich über den Sieg, den es wohl am Ende einer starken Teamleistung und dem fulminanten Schlussredner Peter zu verdanken hat, der am Ende auch noch den Preis der Ehrenjury erhielt – für, wie diese es nannte, gutes rhetorisches Können und „einen ordentlichen Schmäh“– was übersetzt so viel bedeutet wie Witz und Humor. Das hätte wohl niemand in Deutschland trefflicher formulieren können.
Wir danken den Wienern für das wirklich wunderbar organisierte Turnier und freuen uns, eines Tages wieder in Österreich anzutreten!
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!