Wortgefechte in Entenhausen: Ist ein Ackermann 770 Friseurinnen wert?
MÖSSINGEN (sum). Soll der schwerreiche Onkel Dagobert seinem nichtsnutzigen Neffen Donald die Hälfte seines Vermögens abgeben? Dafür oder dagegen überzeugende Argumente zu finden, brachte die Teilnehmer und Zuhörer des dritten Schüler- Studenten- Debattier- Turniers am Freitag in der Aula des Quenstedt-Gymnasiums fast in Rage.
Nicht viele Mössinger interessierten sich dieses Mal für die Kunst der Debatte. Doch die wenigen, die dennoch kamen, hatten Freude an der spielerischen Form der Polemik und mischten schließlich mit Zwischenrufen kräftig mit. Vier Tübinger Studenten, Pauline Leopold, Peter Croonenbroeck, Dominik Hildebrand und Christoph Krakowiak vom Verein Streitkultur, trieben ihre Schüler-Kontrahenten mit ihren wohlformulierten Statements zugunsten einer sozial gerechteren Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums manchmal ziemlich in die Enge.
Der völlig mittellose und bei seinem Onkel hoch verschuldete Donald Duck wurde in ihren Beweisführungen zum Stellvertreter für alle, die ohne eigenes Zutun in finanzielle Not geraten. Sein Onkel Dagobert stand für für die Reichen dieser Welt, die schuld daran seien, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgehe. „Ist ein Josef Ackermann wirklich so viel wert wie 770 Friseurinnen aus Ostdeutschland?“, fragte Croonenbroeck provozierend. Die Studenten forderten eine einmalige Abgabe von 50 Prozent auf alles Vermögen, das die Zweimillionengrenze übersteige. Und zwar sofort zum 1. Januar 2008.
Gegen so eine „Irrsinnssteuer“ kämpften die Schüler Johannes Frank, Benedikt Nill und Sanny Schmidt aus der Zwölften wie die Löwen, fast so, als ob es um die Kürzung ihres eigenen Taschengeldes ginge. Wie jeder wisse, liege Donald nur faul in seiner Hängematte und sei ein „Hartz-IV- Schnorrer“. Außerdem dürfe er bei seinem Onkel mietfrei wohnen und fahre einen wertvollen Oldtimer. Dagobert dagegen habe hart gearbeitet, mehr als ein Mindestlohn stehe Donald nicht zu.
Materielles Glück sei noch immer das Ergebnis von Fleiß und Intelligenz, glaubte Sebastian Fuhrmann, die ganze Sache hatte ihm „zu viel mit Kommunismus zu tun“. Eine solche Abgabe veranlasse die Unternehmer nur dazu, ihr Vermögen ins Ausland zu schaffen und „stoppe ihre Investitionsbereitschaft“, sorgte sich Johannes Frank. Wer sein Geld „vielleicht ehrlich verdient“ habe, solle auch etwas davon haben, fanden Dominik Nill und Anke Wellmann.
Die Art und Weise, in der Schüler und Studenten um Leistung und soziale Gerechtigkeit stritten, stellte Deutschlehrerin Marena Sunten als offene parlamentarische Debatte vor. Dabei sind die Meinungen nach Fraktionen aufgeteilt. Es gibt einen Antrag von der Regierungspartei, die Gegenargumente der Opposition und einen moderierenden Präsidenten. Dazu kommen die freien Redner aus dem Publikum, die sich spontan einer Seite zuschlagen dürfen.
In der ersten Diskussionsrunde war es in freier Aussprache und Schlussplädoyers um die Besteuerung von ungesunden Lebensmitteln gegangen. Janine Jakob und Nadja Schlichenmaier traten gegen zwei studentische Gegner an. Wenn ungesunde Lebensmittel teurer wären als gesunde, würde sich Deutschland besser ernähren und die Anzahl der Fettleibigen werde zurückgehen, behaupteten die beiden Schülerinnen aus der Zehnten. Die Studenten führten dagegen die Freiheit des Bürgers beim Einkaufen ins Feld. Keine Zwangssteuer, sondern nur vernünftige Aufklärung werde einen Mentalitätswandel bewirken. „Auch bei höheren Preisen kaufen Dicke keinen kleinen Salat“, erklärte Christoph Krakowiak. Das Publikum machte in der ersten Runde die Studenten, in der zweiten die Schüler zu Debattensiegern.
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