Für die Europameisterschaften reisen einige Streitkulturler auch bis nach Serbien. Marius und Samuel erreichen als bestes deutsches Team das ESL-Viertelfinale.

 

Man nehme eine einfache Rezeptur: Einem Team von Serben sechs Monate Zeit geben, einen Haufen Teilnehmer dazu und das Ganze mit etwas Enthusiasmus mischen. Heraus kommt… die EUDC 2018.
Die EUDC war kurz gesagt einfach nur fantastisch. Das lag an verschieden Faktoren.
Der erste dieser Faktoren waren die Teilnehmer. Die Streitkultur war mit insgesamt acht Individuen der Spezies homo sapiens anwesend. Davon waren vier in jeweils zwei Teams aufgeteilt, nämlich Marius Hobbhahn und Samuel Scheuer als Streitkultur 1 sowie Konrad Gütschow und Lennart Lokstein als Streitkultur 2. Sie waren allerdings nicht allein. Die Tübinger Delegation wurde durch Maria Heitmeier, Anastasia Kreis und Justus Raimann komplettiert, die in der Funktion von Juroren in Novi Sad waren. Mit Samuel Gall (ebenfalls Juror) war in Novi Sad noch ein weiteres Streitkultur-Mitglied anwesend, allerdings war er mit dem DCH angereist.
Dieses Ensemble an sich hat schon großes Potential, um Turniere gut zu machen. Aber das war natürlich nicht alles.
Womit wir beim Veranstaltungsort wären. An der Donau gelegen, ist die serbische Stadt Novi Sad nicht die schönste der Welt, aber doch, ich zitiere: „Ganz nett“. Gerade die Altstadt ist dennoch recht hübsch, und der Blick von der nahegelegenen Festung Peterwardein (17.-18. Jahrhundert, auch bekannt als das „Gibraltar an der Donau“) auf die Stadt und ihre Umgebung ist sehr beeindruckend. Der Veranstaltungsort des Turnieres, diverse Gebäude der Universität von Novi Sad, war dies jedoch eher weniger. Von den drei Gebäuden, in denen alle Debatten bis zum Finale hin abgehalten wurden, war nur eines moderner gebaut. Die anderen beiden waren klobige Klötze in Plattenbauweise, die bei manch einem pure Ostalgie erweckten. Nicht besonders ästethisch, aber auch nicht groß anders als die Orte vieler anderer Turniere (man denke nur an den Brechtbau…). Die Räume in diesen Gebäuden hätten unterschiedlicher nicht sein können: Mal musste man sich mit einem dutzend Leute in ein Büro zwängen, das unter normalen Umständen für lediglich zwei Leute gedacht war. Aber mitunter wurden auch Debatten in kleinen Bibliotheken oder gar im luxuriösen Konferenzsaal des Rektors abgehalten. Alles in allem waren die Räumlichkeiten der Universität Novi Sad also ganz in Ordnung. Kommen wir nun zu den Debatten, die in diesen Räumlichkeiten abgehalten wurden.
Es würde allerdings den Rahmen eines einfachen Artikels sprengen, die Themen aller Runden aufzuzählen und den Verlauf der Debatten für die Tübinger zu schildern, deswegen sei für die Themen der EUDC auf die achte Minute verwiesen, und ebenso für die Ergebnisse der Finals. Tatsächlich ist das einzige Ergebnis das in diesem Artikel explizit erwähnt werden soll der Break von Marius und Samuel ins Viertelfinale in der ESL – Kategorie als bestes deutsches Team (einen Platz über dem Berliner Team, das ebenfalls ins Viertelfinale einzog). Die beiden gebreakten deutschen Teams standen am Ende sogar auf der gleichen Seite im selben Viertelfinale – und leider gelang es beiden Teams nicht weiter zu kommen. Doch wenngleich das schade war (und ist), so tat dies der guten Laune der gesamten deutschen Delegation und spezifisch der Tübinger auf diesem Turnier keinen Abbruch.
Denn gerade außerhalb der Debatten ereignete sich vielerlei Spannendes und Entspannendes: Entspannend war der Spa-Bereich des Hotels mit Sauna und Schwimmbecken. Nervend war, dass er schon ab dem zweiten Abend für Debattanten geschlossen war, weil eine Gruppe Debattanten es für angebracht hielt, nackt zu baden, im Wellnessbereich zu essen und Alkohol zu trinken, in Folge den Bereich zu verdrecken und mit dem Personal zu streiten, als dieses die Missetäter fortschicken wollte. Und falls Du, liebe*r Leser*in dich nun fragst, ob das vielleicht die Streitkultur war, die dies vollbrachte, so lass Dir gesagt sein: Nein! Tatsächlich waren einige von uns selber überrascht, dass jemand, der nicht zu uns gehört, sich so verhalten hat.
Spannend und nicht bloß nervig war eine Prügelei zwischen einem Busfahrer und einem Taxifahrer, die sich vor den Augen der wartenden Debattanten an die Wolle gingen und sich ohne das beherzte Einschreiten eines israelischen Teilnehmers vermutlich noch deutlich heftiger geschlagen hätten. Spannend war auch Anastasias Idee, den gesamten Debattierklub der London School of Economics in das Zimmer, dass sich sich mit Katrin aus Wien teilte, einzuladen. Spannend war auch der Plan Lennarts und Konrads, am ersten Tag vor den Vorrunden möglichst wenig zu schlafen, um klar anzuzeigen, dass sie „nicht das try-hard-Team“ waren und sind. Entspannend war es, jeden Tag nach den Runden Essen zu bekommen, aber nervig war es, dass es jeden Tag das gleiche gab: Zum Mittag eine Asia-Box mit verkochtem Reis und obendrauf einer wahlweise vegetarischen, veganen oder fleischhaltigen Pampe, die, ich zitiere „fettig genug ist, um damit einen Motor zu schmieren“, und auf die viele Leute nach dem zweiten Tag überraschenderweise keine Lust mehr hatten. Des Abends gab es selbstgemachten Böreg mit verschiedenen Füllungen, der zwar deutlich besser schmeckte, aber deshalb immer noch nicht wirklich gut war. Spannend war es zu versuchen, zu zweit in einem riesigen, lärmigen Club während der Breakverkündung zu zweit „Streitkultur ein Leben lang!“ und „BDU!“ zu rufen und zu hoffen, dass irgendjemand versteht was man ausdrücken will. Spannend war es auch, am Gala- und Finalabend ein Büffet für die Teilnehmer bereitzustellen und zu hoffen, dass niemand totgetrampelt wirde. Noch spannender war die Idee, dort Fleisch mit Fleisch, Fleisch und Fleisch anzubieten und einen Salat dazuzustellen.
Trotz Hitze, Hitzegewittern und mitunter suboptimalem Essen war die EUDC 2018 in Novi Sad im Endeffekt eine spannende, entspannende und vor allem spaßige Angelegenheit.