OPD-Jubiläumsband veröffentlicht
Seit rund einem Jahr ist sie in der Produktion. Sie vereint Debattierbeiträge von über 20 Autorinnen und Autoren. Sie ist kostenlos. Auf der Jubiläums-DDM haben die Teilnehmenden eine erste Preview erhalten. Und nun ist die erste Auflage endlich fertig:
Die Essaysammlung: 20 Jahre OPD
Viel Spaß bei der Lektüre! Zur Einstimmung findet ihr anbei unser Vorwort für das Buch.
Liebe Freundinnen und Freunde,
OPD beginnt mit einer Geschichte, die jedes Mitglied der Streitkultur kennt. Auf der Rückfahrt von einem BPS-Turnier, das für sie sehr frustrierend war, saßen Michael Hoppmann, Bernd Rex und Ansgar Kemmann auf der Rückbank eines alten Mercedes. Sie kamen von der ersten Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft 2001. Auf dieser Fahrt durch Deutschland gründeten sie nicht nur ihren eigenen Debattierclub, sondern entwickelten auch ihr eigenes Format.
Eine frustrierende Turniererfahrung, die in einem sogar den Ehrgeiz weckt, ein eigenes Debattierregelwerk zu schreiben: Darin erkennen sich wahrscheinlich mehr von uns Debattanten wieder, als uns lieb sein kann.
Wie der Zufall es will, steht auch am Anfang dieses Buches eine Geschichte: Es war einmal ein Treffen unter guten Freunden (ihr ahnt: vor der Coronapandemie), wahrscheinlich bei Sven in der Wohnung. Irgendjemand äußerte die Idee, wie witzig doch ein Debattier-Wissenschaftsbetrieb wäre– mit akademischen Sammelbänden, in dem all die grauen, legendären Debattiereminenzen ihre Memoiren hinterlassen. Dieses Szenario wurde von allen Anwesenden bis zur Absurdität fortgesponnen und am Ende hatten wir alle etwas zu lachen. Nur zwei der Anwesenden verstanden den Spaß nicht und verabredeten am Ende zu zweit, diese Idee weiter zu verfolgen. Am Ende wurde daraus eine Unternehmung, die viel zeitintensiver wurde als ursprünglich gedacht und die uns bis zur DDM 2021 begleitet hat.
Die Idee ist sehr einfach: 2021 feiert die Offene Parlamentarische Debatte ihr 20-jähriges Bestehen. Und wir möchten anlässlich dieses Jubiläums einmal „Home“ & „Entriegelung“ drücken. Also gewissermaßen einen Screenshot unseres Formats im Jahr 2021 anfertigen: Wo steht die Offene Parlamentarische Debatte nach 20 Jahren? Was hat sich etabliert– und ist das gut oder schlecht? Wohin soll die Reise in Zukunft gehen?
Wie das Screenshots so an sich haben, kann das nur eine Momentaufnahme sein. Gut möglich, dass in einigen Jahre nicht nur die Tastenkombination für ein Bildschirmfoto, sondern auch die Inhalte dieses Buches überholt sind. Vergangene OPD-Buchunterfangen, aber auch viele Artikel auf der Achten Minute sind nicht über alle Aktualisierungen im Regelwerk (inzwischen sind wir bei Version 12 angelangt) aktuell geblieben. Aber selbst, wenn er in weiteren 20 Jahren wieder veraltet ist, bietet dieser Sammelband vielleicht immer noch ein spannendes Zeitdokument; außerdem kann er dann durch eine neue Version abgelöst werden.
Das Ziel dieses Buches ist es also, die Vielfalt des Formats abzubilden. „Vielfalt“ ist dabei in zweierlei Hinsicht gemeint:
Erstens möchten wir die Vielfalt der Menschen unserer Szene abbilden.
In unserer Idealvorstellung wollten wir all diejenigen in diesem Buch vereinen, die die Offene Parlamentarische Debatte in den vergangenen 20 Jahren mitgestaltet haben– egal ob redend, jurierend oder gar regel-definierend. Die Liste sollte gewissermaßen alle Generationen von den Gründervätern der OPD bis zu dem heutigen Nachwuchs umspannen. Wie das Idealvorstellungen so an sich haben, haben wir das nur teilweise erreicht: Aufmerksamen Leserinnen und Lesern wird einerseits ein Überhang an Personen aus der Streitkultur und andererseits eine Dominanz der heutigen Generation auffallen. Wir bitten nicht zu viel in die Zusammensetzung (Wer ist dabei? Wer nicht? Warum wurde ich nicht angefragt? Und warum ist da niemand aus der BDU?) hineinzuinterpretieren. Da steckt viel weniger Absicht und deutlich mehr Zufall und Chaos drin: Zunächst hat man natürlich am ehesten die Personen aus dem eigenen Umfeld im Sinn. Dann sagen einige zu, andere ab, bei wiederum anderen vergaßen wir, weitere Anweisungen zu schicken (Entschuldigung dafür an dieser Stelle) und kurz vor dem Ende fallen einen noch neue tolle Leute ein.
Trotzdem waren wir positiv überrascht, wie viele Debattierende bereit waren, mitzuwirken– trotz Studium oder Berufstätigkeit. Am Ende hoffen wir, wenn schon keine repräsentative und erst recht keine vollständige, so doch zumindest eine vielfältige und großartige Liste an Autorinnen und Autoren vereint zu haben. Und wir danken allen, die mitgewirkt, ihr Hirn zermartert, ihre Freizeit geopfert, unser Feedback und unsere bisweilen ungeordnete Kommunikation ertragen haben. Ihr habt das Buch in dieser Form erst möglich gemacht!
Wir wollten für diesen Band aber nicht nur eine Vielfalt an Menschen, sondern zweitens auch eine Vielfalt der Perspektiven.
Unsere Anweisungen an die Schreibenden waren sehr marginal, was nicht an unserer mangelnden Erfahrung im Herausgeben von Büchern lag, sondern Kalkül war: Wir wollten gerade, dass uns zu den groben Überthemen – einzelnen Kategorien oder einzelnen Rederollen– sehr individuelle Beiträge erreichen: Individuell im Schreibstil, individuell im Inhalt; mal allgemeine Leitfäden, mal ins Detail gehende Essays und Reformvorschläge; nicht nur solche, die das Format feiern, sondern auch solche, die es hinterfragen.Das verlangt von euch Leserinnen und Lesern dieses Bandes natürlich zweierlei: Zum einen braucht ihr die richtigen Erwartungen– denn euch erwartet weder ein klassisches Trainingsbuch noch eine allumfassende Enzyklopädie, dafür aber hoffentlich viele spannende und inspirierende Texte. Zum anderen braucht ihr zur Rezeption dieser Texte eine gute Portion Reflexion. Im Debattieren bekommt man immer gesagt: „Denkt daran, dass die Rednerinnen und Redner nicht zwingend ihre eigene Meinung vertreten“. Hier müssen wir im Gegenteil betonen: „Die Autorinnen und Autoren vertreten ihre eigene Meinung.“ Nicht alles, was ihr lesen werdet, ist geltende Norm oder Regel; einiges hinterfragt die geltende Praxis. Geht damit um, wie ihr euch auch sonst im Debattieren verhalten solltet: Mit Respekt und Offenheit vor dem Argument, aber ohne falsche Ehrfurcht vor der Autorität– und stets mit dem eigenen, prüfenden Verstand.
In diesem Sinne wünschen wir eine bereichernde Lektüre. Lest Artikel, stimmt ihnen zu oder kritisiert sie, tretet einen doomthread auf der Achten Minute los, diskutiert mit den Autoinnen und Autoren, schreibt eine Gegendarstellung, gebt ein Buch heraus, lernt von grauen Eminenzen, denkt OPD neu. Tut all das aber mit Wertschätzung. Wir wissen aus langen Telefonaten und endlosen WhatsApp Chats, wie viel Zeit und Leidenschaft die Autorinnen und Autoren in ihre Artikel gesteckt haben und wir sind Ihnen unendlich dankbar. Es war ein wundervolles Erlebnis, so viele Stimmen aus der Szene einzufangen, alte Rampensäue zu reaktivieren und Nachwuchstalenten Mut zu machen, dass sie etwas zu sagen haben. Genießt diese Deutschsprachige Debattiermeisterschaft. Wir haben das Motto “Coming Home” gewählt, weil wir dieses Gefühl an der Debattierszene lieben. Wenn man nach einer fünfstündigen Autofahrt in irgendeine Stadt, die man nicht kennt, trotzdem das Gefühl hat nach Hause zu kommen. Weil ihr alle dort seid. Deshalb debattieren wir und deshalb freuen wir uns euch immer wieder zu sehen.